
Vom krummen Luftballon, der nicht mit Rasierschaum eingeschäumt wird, um rasiert zu werden, oder Flips Träume
Der Luftballon war krumm wie eine Banane und auch genauso gelb. Sogar die Linien, an denen man eine Bananenschale üblicherweise teilt, sowie der Stiel waren aufgedruckt. Es war einer der hochwertigen aus dieser Silberfolie, die nach kurzer Zeit ohne weitere Beachtung unter der Zimmerdecke schweben und erst wieder interessant werden, sobald sie mangels Auftrieb absinken und schlapp geworden wieder in Greifhöhe des Kindes gelangen. Minnie wäre es auch egal gewesen, wäre es ein billigeres Exemplar gewesen. Hauptsache, ein Luftballon – der ihre Aufmerksamkeit ohnehin nur für wenige Minuten zu fesseln vermochte. Hätte sie ihn nicht gesehen, hätte sie ihn nicht haben wollen. Aber Opa kauft natürlich, für die zwei Minuten Freude.
Minnie war ein herzensgutes Kind, aber eben noch klein. Ruhig, sie quengelte nicht viel. Aber es war eben noch nicht viel mit ihr anzufangen. Keine gute Gesprächspartnerin. Es war auch anstrengend, ihre Hand zu halten und mich dabei zu verrenken. Aber natürlich konnte ich sie nicht allein gehen lassen, sie konnte ja gerade mal laufen.
Flip, der auf der anderen Seite ständig in irgendwelche Richtungen zerrte – er hatte die Ballons zuerst entdeckt – war das glatte Gegenteil und eine unermüdliche Quasselstrippe. Er fragte und fragte und fragte, bis ich meinte, die sprichwörtlichen Löcher im Bauch zu haben. Ich sah nach: Es waren keine da.
Mein Enkel weiß jedenfalls, warum die Banane krumm ist. Und es macht ihm einen Heidenspaß, mich das immer wieder zu fragen. Meistens mache ich ihm die Freude, es wieder und wieder zu erklären. Wenn ich keine Lust habe, dann sage ich einfach nur: »Darum.« Er kennt die Antwort ja und dann weiß er Bescheid, dass es mal gut wäre, eine Weile den Mund zu halten. Aber leider hält er das nicht lange durch. Dann erzählt er von seinen Träumen.
Was der Junge alles für Flausen im Kopp hat. Flip möchte mal auf den »Hümmaja« steigen, dann möchte er Astronaut werden und zum Mars fliegen oder besser noch zum Saturn, sich den Ring angucken. Das Kind macht sich einfach keine Vorstellung von der Entfernung. Im Fernsehen geht das ja alles. Das kann er noch nicht trennen. Auch »Schäumetester« wollte er werden. Er meinte Sommelier, wir hatten eine Sendung über Schaumweine gesehen. Er mag dieses Brausepulver, das es manchmal noch zu kaufen gibt. Dann verzieht er immer das Gesicht.
»Opa, weißt Du, was mein Traum ist?«
Ich sag dann meistens: »Träume sind Schäume.«
Und dann erzählt er. Jedes Mal was anderes. Heute hat er mich richtig erschreckt.
Flip sagte: »Ich will Müllmann werden. Wie du.«
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