
Es tut mir leid, ich kann das nicht. Ich habe eine Spiegelszenen-Allergie. Ohnehin bin ich kein sonderlicher Freund von Personenbeschreibungen, aber wenn die Hauptfigur rein zufällig an einem Spiegel vorbeiläuft, und die Gunst der Stunde nutzt, um sich ausgiebig von Kopf bis Fuß zu betrachten – nein danke.
Das geht anders, beiläufiger.
Aber gut, mit Spiegeln kann man ja auch was anderes machen, als reinzusehen.
Abkassiert
Tina brauchte Geld. Sie wollte sich eine neue Jeans kaufen. Und weil sie sich nicht mit billigem Kaufhausquatsch abgab, war die teuer. Dreistellig. Stehlen konnte sie sie in der kleinen Boutique nicht. Dazu war das Risiko zu groß, dabei erwischt zu werden.
Sie sah sich auf dem Schulhof um. Hier musste doch irgendetwas Brauchbares herumliegen. Keine Spritzen heute.
Im Vorraum zu den Toiletten beschaffte sie sich eine Waffe: Mit ihrem Stiefel zertrat sie den Spiegel und nahm eine der Scherben heraus.
Ohne ein besonderes Ziel vor Augen verfolgte sie eines der Mädchen. Sportlich war Tina schon immer, ganz im Gegensatz zur dicken Monica, die ein leichtes Opfer war.
Sie hielt der Dicken die Scherbe ans Gesicht. »Gib mir dein Taschengeld!«
»Ich hab keins!«
»Willst du, dass ich dir das Gesicht zerschneide?«
»Ich habe alles ausgegeben für Schokolade! Ich schwöre! Tu mir nichts!«, bettelte das Kind mit dem schokoladenverschmierten Mund.
»Du verfressenes Stück Scheiße!« Tina ließ sie los. »Wer hat Geld?«
»Der Marko! Der hat damit geprahlt, dass seine Mutter ihm Geld für eine neue Fahrkarte gegeben hat, obwohl er seine alte gar nicht verloren hat.« Monica schnaufte.
Marko also. Ihn einzuholen würde nicht so einfach werden. Und es musste heute noch sein, bevor er die Gelegenheit hatte, nach dem Unterricht so viel Geld auszugeben. Falls er nicht schon im Einkaufszentrum war.
»Wo ist Marko?«, rief Tina über den Pausenhof. Niemand antwortete. »Monica! Wo ist Marko?«
Doch Monica hob nur die Schultern und klammerte sich an die Hand des Lehrers, der die Aufsicht führte.
Tina steckte die Spiegelscherbe in ihre Jackentasche.
Marko saß im Unterricht, als wäre nichts.
In der nächsten Pause heftete sich Tina an seine Fersen.
»Was willst du eigentlich von mir?«, rief er.
Sie war aufgeflogen. »Nichts!«
»Warum rennst du dann ständig hinter mir her?«
»Das tu ich doch gar nicht!« Sie drehte ab.
Tina kannte Markos Heimweg. Nach dem Unterricht lauerte sie ihm hinter einem Mäuerchen auf und überwältigte ihn.
»Her mit deinem Geld!«
»Was für ein Geld?!«
»Monica hat gesagt, du hast Geld.«
»Spinnst du? Wir sind Hartzer!«
Wörter: 407
Mit dem Ende bin ich nicht glücklich, aber die Zeit war rum.^^