
Die Sinnfrage kommt mir gerade recht.
Was für einen Sinn hat dieses Projekt, wenn ich Mist abliefere wie den von gestern und mich dabei auch noch selbst bemitleide? Ja, schlechte Tage gibt es und normalerweise bekommt niemand etwas davon mit.
Blamiere ich mich damit nicht vor allen potenziellen Lesern? Geht der Schuss damit nicht nach hinten los? Am Ende habe ich einen Content à la 100 Shades of Shit.
Genau diese Fragen habe ich mir gestern gestellt.
Ich habe daran gedacht, dass ich ein Gefühl dafür bekommen wollte, wie es wäre, vom Schreiben leben zu müssen. Es machte mir bisher nicht immer Spaß. Es gab Tage, an denen musste ich mich zwingen. Regelrechte Durststrecken. Dann war ich auf einmal wieder voller Freude dabei. Einige Geschichten haben richtig Spaß gemacht.
Als ich meinen ersten Roman geschrieben habe, war es ähnlich. Nicht immer hat es Spaß gemacht und das, obwohl ich mir so wenig Druck wie nur irgend möglich gemacht habe. Und ich habe mich hinterher nur geärgert, dass ich so viel Zeit verschenkt habe, als ich sah, wie viel ich an einem Tag schreiben kann, wenn ich es nur wichtig genug nehme.
Ich habe auch daran gedacht, dass ich mit meinem Projekt Schreibanfängern zeigen möchte, dass wir alle nur mit Wasser kochen. Ich sehe viele Autoren, die schon (mehrfach) publiziert haben, darunter Bestsellerautoren und auf der anderen Seite begeisterte Leser und Schreibanfänger. Der Weg dazwischen hat mich immer brennend interessiert. Wir haben alle klein angefangen und mussten das Handwerk erst erlernen. Und trotzdem ist der erste Entwurf von was auch immer Mist.
The first draft of anything is shit.
Ernest Hemingway
Aber das bedeutet nicht, dass man deshalb aufgeben darf. Nicht, wenn man ein Buch schreiben will.
Das erzählt euch einer, der seit 15 Jahren Kurzgeschichten schreibt und zum ersten Mal die Rohfassung eines Romans abgeschlossen hat.
Ich bin stolz darauf, weil das nicht auf Anhieb geklappt hat. Ich weiß, dass viele sehr viel weiter sind, weil sie bereits eine Agentur suchen oder einen Verlagsvertrag haben oder schon ein oder mehrere Bücher veröffentlicht sind. Für mich ist es schon eine große Sache, überhaupt einen Roman großartig zu überarbeiten. Ich habe mehrere Jahre gebraucht, um da hinzukommen. Wer mit Romanen angefangen hat und sich nun mit seinen ersten Kurzgeschichten abmüht, wird mich vielleicht auslachen, aber doch irgendwo verstehen.
Zurück zur Ausgangsfrage: Welchen Sinn hat dieses Projekt noch?
Übung kann nie schaden. Ich könnte die Übungen theoretisch auch für mich allein machen – aber dann würde ich sie nicht machen. Mein Schweinehund ist publikumsscheu.
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