
Gelegenheit macht …
»Sei so gut, Dimitri, wenn Du joggen gehst, bring mir doch bitte nachher aus dem Supermarkt diese silberne Tasche mit den Pailletten mit, die gefällt mir außerordentlich gut.«
»Für mein Schwesterherz tu ich doch fast alles.«
»Nur fast alles?«
Er knuffte sie in die Seite.
Sie zog ihm das Basecap tiefer in die Stirn.
»Bis gleich, Ioanna.«
Antje Dekker hatte ihren Job noch nicht lange, aber er war simpel. Aufpassen, dass nichts gestohlen wird. Falls doch, den Übeltäter festhalten, bis die Polizei vor Ort war. Es war nicht leicht gewesen, sich als Frau durchzusetzen und umso mehr musste sie acht geben, dass ihr niemand entwischte.
Kurz sah sie aus dem Augenwinkel eine auffällige Bewegung am Ausgang und etwas silbern aufblitzen. War das nicht die Handtasche, die diese Woche im Sortiment war? Warum kaufte ein Mann eine Handtasche?
»Halt! Bleiben Sie stehen!«, rief sie vergeblich und zog damit nur neugierige Blicke auf sich.
Der vermeintliche Täter nahm bereits die Beine in die Hand und so sprintete sie los, ohne sich mit den Kassierern abzustimmen. Er war ganz schön fix und mit dem Jogginganzug war er deutlich bewegungsfreundlicher gekleidet als sie in ihrer Uniform. Bis zur nächsten Querstraße gelang es ihr, den Abstand zu ihm zu verringern.
»Bleiben Sie stehen!«
Sie traute ihren Augen nicht, als ein weiterer Mann im Jogginganzug mit ihr gleichauf zog, der ebenfalls diese Handtasche bei sich trug! Warum hatte der zweite nicht die andere Richtung genommen, sondern sie verfolgt? Das ergab doch keinen Sinn!
Sie musste schneller werden! Das hier war ihr Job und sie musste wenigstens einen von beiden stellen!
Mit all ihrer Willensstärke beschleunigte Antje abermals die Bewegung ihrer bereits brennenden Muskeln und warf sich kurz vor der nächsten Kreuzung auf den Mann, den sie seit dem Laden verfolgt hatte.
Der Mann mit dem Basecap blieb keuchend stehen und stützte die Hände auf die Oberschenkel. »So hatte ich mir meine heutige Joggingrunde nicht vorgestellt, aber ich bin froh, dass Sie nicht mich verfolgt haben.«
»Sie sind ein Zeuge. Wie heißen Sie?«
»Dimitri. Dimitri Farinakis. Und Sie?«
»Antje Dekker.« Sie keuchte ebenfalls. »Und wie ist Ihr Name?«, fragte sie den Mann, auf dem sie kniete.
»Sie können mich mal!«
»Freut mich, Sie kennenzulernen.« Sie entwand ihm die Tasche und pfiff. »Die ist ja voll!« Er hatte nicht den Laden, sondern offenbar eine Kundin beraubt.
»Ioanna, sie hatten noch eine Tasche.«
»Dimitri, du bist ein Schatz.«
»Schau mal rein.«
»So viel Geld! Wo kommt das denn her?«
»Ich habe eine Aufwandsentschädigung bekommen, weil ich dabei geholfen habe, einen Dieb zur Strecke zu bringen. Der hat einer alten Dame die Handtasche mit ihrer gesamten Rente darin gestohlen und sie war sehr großzügig.«
»Die nächste Handtasche kaufst wieder du für mich!« Sie lachte.
»Oh nein, so schnell nicht wieder. Das gibt richtigen Muskelkater morgen. Und da treffe ich mich mit Antje auf ein Eis.«
»Wer ist Antje?«
»Eine Frau, die schneller läuft als ich.« Er ließ sich aufs Sofa fallen.
»Erzähl mir alles!«
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