Rezension: Wo das Böse regiert (Jennifer B. Wind)

Rezension: Wo das Böse regiert (Jennifer B. Wind)

Wo das Böse regiert
Jennifer B. Wind

Thriller
417 Seiten
Teil 3 der Reihe um Jutta Stern und Tom Neumann.
Das ebook ist bereits im Januar bei Thalia exklusiv als Lizenzausgabe erschienen und kostet derzeit 4,99 EUR. Die dotbooks-Ausgabe erscheint im Februar.
Das Hörbuch wird bei SAGA Egmont erscheinen.
Auf die Print-Ausgabe dürfen wir uns noch freuen.

Vom ebook-Verlag dotbooks.de habe ich freundlicherweise ein Rezensionsexemplar erhalten, für das ich mich bedanke.

Ersteindruck

Das Cover wirkt professionell gestaltet und wie aus derselben Hand wie die beiden vorhergehenden. Es lässt gleich das Genre erkennen und hat einen Bezug zur Geschichte. Das schlichte Schwarz-Weiß mit Rot trifft meinen Geschmack und ich hätte das Buch im Laden auf jeden Fall in die Hand genommen.

Mein Reader liegt gut in der Hand und ich habe für meine müden Äuglein die Schrift größer eingestellt, wie immer. ;)

Klappentext

Sie möchten selbstbestimmt und frei leben – und zahlen einen hohen Preis … Im Wiener Stadtpark wird die Leiche einer jungen Frau gefunden: Würgemale am Hals, das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit mit Säure verätzt. Wer war sie und warum musste sie sterben? Auf ihrer unermüdlichen Suche nach Spuren befragen die Kriminalbeamten Jutta Stern und Tom Neumann einen Zeugen nach dem anderen, aber niemand scheint etwas über die geheimnisvolle Tote zu wissen. Doch dann wird eine weitere Leiche in Wien entdeckt, deren Gesicht bereits in ihrer Jugend verätzt worden sein muss. Alles deutet darauf hin, dass der Täter es auf Frauen abgesehen hat, die schon einmal durch die Hölle der Gewalt gehen mussten … und nicht nur der von Männern. Hat er möglicherweise bereits sein nächstes Opfer im Visier?

Lektüre

Dass ich Teil 3 einer Reihe lese, sagt eigentlich schon alles, oder? Ich und Reihen! Nachdem Dolly mich nach über 20 Bänden tränenüberströmt allein zurückgelassen hat, habe ich noch vereinzelt Versuche unternommen, aber bisher war es immer so, dass die Bücher nur deshalb „unabhängig voneinander lesbar“ waren, weil sie passagenweise exakte Kopien der vorherigen Bände waren. Das finde ich ungeschickt, weil es mich als Leser langweilt, wenn ich das vorherige Buch eben schon gelesen habe – vielleicht gerade eben erst aus der Hand gelegt. Manche Autor:innen geben sich etwas mehr Mühe und formulieren um, aber dann landet es als Info-Dump blockweise am Anfang der Geschichte und stört den Spannungsaufbau.
Jennifer B. Wind macht vor, wie man es richtig macht: So wenig wie möglich, so viel wie nötig Infos von früheren Bänden geben. Und dann einfach nebenbei in die Handlung einstreuen.

Es war mir eine Freude, zu erfahren, wie es Jutta und Tom jetzt ergeht. Bis zum Schluss blieb es spannend: Immer wieder hatte ich jemand anderen in Verdacht. Dabei waren alle Plottwists für mich nachvollziehbar und wirkten nicht an den Haaren herbeigezogen.
Ich darf nicht spoilern, aber ich darf sagen, dass ich (die Figur) Sebastian liebe und es sich wirklich lohnt, ihn kennenzulernen.

Jennifer B. Wind greift in diesem Buch einige sehr gut recherchierte Themen auf. Das wichtigste davon ist das Leben mit einem Aussehen, das nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht. Von den früheren Bänden her wird erneut die Flüchtlingskrise thematisiert und natürlich wird im Büro im Sinne der Umwelt auf Einwegkaffeebecher verzichtet.

Ich bin an drei Stellen gestolpert, weil ich dachte, Tippfehler aufgespürt zu haben. An ein Wort erinnere ich mich noch: Kassa. Das ist aber völlig korrekt, wenn man es als österreichisches Wort für Kasse betrachtet.

Fazit

Genauso wie die ersten beiden Bände ist auch der dritte Teil der Reihe sehr zu empfehlen!
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. :)

Euer Ingo S. Anders

Folgt mir auch auf Instagram!

Gebt meiner Facebook-Seite ein Like!

Psychose #diverserdonnerstag

Psychose #diverserdonnerstag

Es gibt nicht die Psychose, das macht bereits der entsprechende Wikipedia-Artikel klar. Psychosen können bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten, darunter bei der bipolaren Störung. Wie ich während einer Psychose auf Außenstehende wirke, ist mir erst dadurch klar geworden, dass ich einmal währenddessen Fotos und Videos gemacht habe.

Persönliche Erfahrungen

Meine erste (diagnostizierte) Psychose entwickelte ich, nachdem ich bereits ein halbes Jahr unbehandelt manisch und bereits wahnhaft herumlief. Im Büro war ich schon darauf angesprochen worden, dass ich aber sehr überengagiert sei – tatsächlich traute ich mir da schon selber nicht mehr über den Weg, machte Fehler, die ich sonst nicht gemacht hätte, weil ich mich kaum noch auf etwas konzentrieren konnte. Irgendwann lief ich immer häufiger durch die Gegend, weil ich nicht mehr stillsitzen konnte, was natürlich nicht unbemerkt blieb.

Aus einem Impuls heraus folgte ich der Einladung einer Bekannten und nahm an einem Schamanischen Heilkreis teil. Unter normalen Umständen wäre das für mich ein absolutes No-Go gewesen. Aber ich kann euch beruhigen: Das war nicht viel anders als Musiktherapie mit Gespräch beim Kuchenessen. Lange Zeit hielt ich das für das auslösende Moment der folgenden Ereignisse; inzwischen denke ich, dass mich dieses Erlebnis noch am ehesten in die Realität zurückgeholt hat, weil ich nämlich dadurch darüber nachdachte, was denn real ist und was nicht, weil ich verstehen wollte, was geschehen war.

Nachts allein am Bahnhof halluzinierte ich

Weiterlesen

Sexuelle Präferenz #diverserdonnerstag

Sexuelle Präferenz #diverserdonnerstag

Nachdem wir über Geschlechtsidentität gesprochen haben, geht es heute um die sexuelle Präferenz. Pansexualität, kurz pansexuell oder einfach nur pan bezeichnet eine sexuelle Orientierung, bei der Personen in ihrem Begehren keine Vorauswahl nach Geschlecht oder Geschlechtsidentität treffen. […] Demgegenüber begehren und lieben bisexuelle Menschen nur Männer und Frauen. (Wikipedia)

Persönliche Erfahrungen

Ich sage gern, ich bin vorwiegend schwul. Es wurde von mir „als Frau“ erwartet, dass ich mich für Männer interessiere. An meiner sexuellen Präferenz hat sich bis heute nichts geändert. Damals wurde ich als hetero angesehen. Heute gelte ich als schwul. Dadurch ist der diesbezügliche Umgang mit mir bei weitem nicht mehr so selbstverständlich. Auf einmal erscheint es ungewöhnlich. Erzähle ich gewohnt beiläufig von meinem Mann, so werde ich unterbrochen mit der Frage, ob ich schwul sei. Was ich darauf wohl antworten soll? „Nein, aber ich sehe mich gesellschaftlich dazu gezwungen, mit einem Mann zusammenzuleben“ wohl kaum. Würde man einen Mann, der von seiner Frau erzählt, fragen, ob er hetero ist? Wohl eher nicht.

Weiterlesen

Bodyshaming #diverserdonnerstag

Bodyshaming #diverserdonnerstag

Als Bodyshaming bzw. Body-Shaming werden vor allem in sozialen Netzwerken abwertende Äußerungen über das Aussehen Anderer bezeichnet. Früher gabs das aber auch im Real Life, überwiegend, aber nicht nur hinterm Rücken der betreffenden Personen. (Wikipedia)

Persönliche Erfahrungen

Ich schäme mich zwar noch manchmal für meinen Körper wegen trans*, was ich nicht müsste, aber gar nicht wegen meines Übergewichts (was ich sollte, denn fürs Abnehmen bin ich selbst verantwortlich).
Mit Fatshaming habe ich sehr viel mehr Erfahrung.

Bei einem Besuch bei [ichsagnichtwem] vergeht kein Tag ohne Sticheleien bzgl. meines Übergewichts, zum Beispiel: „Geht die Jacke überhaupt noch zu?“, als mir einfach nicht kalt war. Ich bin sehr froh, dass ich mit 42 Jahren alt genug bin, um alleine shoppen zu gehen. Das sind auch die einzigen Gelegenheiten, in denen ich mir meiner Ausmaße bewusst werde, da der Spiegel seit dem letzten Umzug immer noch unausgepackt im Keller steht …

Weiterlesen

Rezension: Das kann nich jeda, sagt mein Bruder Benni, der mega coole Behindi (Maria M. Koch)

Rezension: Das kann nich jeda, sagt mein Bruder Benni, der mega coole Behindi (Maria M. Koch)

Das kann nich jeda, sagt mein Bruder Benni, der mega coole Behindi
Maria M. Koch

196 Seiten
Print EUR 9,50 | kindle EUR 3,99
ISBN 9789403648491
Erschienen 2021, leider nicht im ePub-Format erhältlich.

Ersteindruck

Auf den ersten Blick wirkt das Cover wie selbst gebastelt und das ist es auch. Als Käufer zugegriffen hätte ich nicht, weil der unruhige Hintergrund und dieser Jugendslang – vor allem der Ausdruck „Behindi“ mich abschreckt. Zudem ist die Schrift des für meinen Geschmack zu langen Titels schlecht und der Klappentext auf der Rückseite stellenweise gar nicht lesbar.
Aber man soll ein Buch nicht nach dem Einband beurteilen und ich bedanke mich bei Maria M. Koch für das zur Verfügung gestellte Druckbuch.

Leander muss die Pfingstferien zusammen mit dem geistig behinderten Benni verbringen.
Was nervig beginnt, wird zu verrückten Tagen, in denen Benni seinem Bruder vorlebt, um was es geht.

(Klappentext)

Mich fasziniert das Thema der Geschichte:
Zwei Brüder verbringen zusammen die Pfingstferien, einer davon geistig behindert. Für mich ein Lernfeld, da ich keinerlei Berührungspunkte mit Menschen mit geistiger Behinderung habe. Da frage ich mich sofort, warum die Brüder nur diese Ferien miteinander verbringen und nicht auch sonst miteinander aufwachsen und ob eine Aufsichtsperson zur Stelle ist, die auf die beiden Kinder aufpasst.

Lektüre

Das Buch liest sich aufgrund seiner einfachen Sprache schnell durch.

Ich lerne einen Teenager Namens Lenni kennen, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt ist.
Seine alleinerziehende berufstätige Mutter überlässt ihm allein die Verantwortung für den älteren Bruder. Durch seine Wortwahl wirkt er manchmal jünger als fünfzehn. Vor allem aber, und das stört mich massiv, scheint er seinen Bruder abgrundtief zu verachten. Und er schämt sich für ihn, er möchte nicht, dass seine Freunde von ihm erfahren. Er sieht nicht nur aufgrund seiner Einschränkungen auf Benni herab, er beleidigt ihn auch immer wieder – ohne jede Konsequenz. Seine Wandlung am Ende kaufe ich ihm nicht ab.
Dadurch entsteht für mich der Eindruck, dies solle der beispielhafte Umgang mit geistig behinderten Menschen sein. Das kann von der Autorin so nicht beabsichtigt sein. Sie ist laut Vita Sozialpädagogin und hat selbst einen geistig behinderten Sohn. Aber vielleicht hat sie ja auch nur beabsichtigt, mich ins Nachdenken zu bringen? Das ist gelungen!

Natürlich kann ich von einem Jugendlichen in dem Alter keine politische Korrektheit erwarten – ich weiß ja selbst nicht, wie sie in diesem Fall aussähe. Dennoch: „Nein!“, schreit mein Gewissen bei der Lektüre. „Das darf dir nicht gefallen! Das ist nicht politisch korrekt.“ Und das ist der Eindruck, der bleibt.
Mir fehlt auch das Motiv, warum Lenni so über seinen Bruder denkt, der doch sein ganzes Leben lang schon Teil der Familie gewesen sein muss. War da der Vater das Vorbild? Warum hält die Mutter nicht ausreichend dagegen? Das mit dem ungünstig gelegenen Geburtstag reicht mir da nicht.
Ich sehe, dass er sich von seinen Eltern nicht nur vernachlässigt fühlt, sondern meiner Meinung nach auch ist.
Was mich übrigens noch nervte, sind diese Sprachvergleiche. Weniger ist manchmal mehr.

Schwarze Schrift auf weißem Grund: Behinderte Menschen sind Geschenke in einer ganz besonderen Verpackung. Für Dominik und Fabian

Ich lerne aber auch einen jungen Erwachsenen namens Benni kennen, der das Herz am rechten Fleck hat. Er hilft seinem Nachbarn, Pfandflaschen wegzubringen, und bemüht sich, Versprechen einzuhalten.
Seinen Bruder nennt er „Lala“, was ich nicht gleich auf Anhieb kapiert habe. Soll er für drei Personen den Tisch decken, findet sich ein viertes Gedeck und er ist nicht in der Lage, alleine den Weg nach Hause zu finden. Viele der Konflikte in der Geschichte sind auf seine Behinderung zurückzuführen.
Sehr charakteristisch ist seine mitlesbare Sprachstörung. Nicht nur, dass er sagt „Ich wohn um“, um auszudrücken, dass er vorhat, umzuziehen, und zwar „Su Dani“ (zu Dani), sie ist auch seine „Feun-din“ – er braucht manchmal, um Worte zu beenden, daher sind Bindestriche eingefügt. Da ich schon ein Buch über einen Stotterer gelesen habe, das ähnlich umgesetzt war, hatte ich damit keine Probleme, im Gegenteil: Das brachte ihn mir sehr nahe.

Benni habe ich sofort ins Herz geschlossen, was Lenni leider bis zum Ende nicht gelingt. Was ich der Autorin lassen muss: Sie hat sehr lebendige und vermutlich authentische Hauptfiguren geschaffen.

Zum Handwerklichen

Weiterlesen

Manie #diverserdonnerstag

Manie #diverserdonnerstag

Mit Manie diesmal mit einem eigenen Thema von mir. Für mich gehört die Manie durch meine bipolare Störung zu meinen Depressionen dazu, ebenso wie „psychotische Exazerbationen“. Ich habe also auch Psychoseerfahrung. Doch das wird später ein eigener Beitrag.

Die Wikipedia sagt dazu:

Eine Manie ist eine affektive Störung, die meist in Episoden verläuft. Antrieb, Stimmung und Aktivität befinden sich in einer Manie weit über dem Normalniveau.

Wikipedia

Das hört sich ja toll an, als könnte man sehr viel mehr leisten als andere, die nicht manisch sind? Weit gefehlt.

Persönliche Erfahrungen

Das Problem bestand für mich darin, dass ich mich nicht nur übernahm und überschätzte und die Erschöpfung immer größer wurde; mein Denken wurde auch mit der Zeit inkohärent – ich sprang so sehr von Hölzchen auf Stöckchen, dass mir niemand mehr folgen konnte.

In dieser Phase hatte ich schon Logorrhoe, ein mit „Sprechdurchfall“ treffend bezeichnetes Symptom, das beschreibt, dass die Menschen nicht mehr schweigen können, selbst wenn sie wollen. Das habe ich selbst mehrmals erlebt. Ich erinnere mich da an eine Situation, als ich mit einem Freund an der Elbe saß und er Ruhe wünschte, einfach gemeinsam mit mir schweigen wollte, was für mich beim besten Willen unmöglich war.

In der Manie verlor ich die Kontrolle

Weiterlesen