Vorbereitung auf meine erste Solo-Lesung

Vorbereitung auf meine erste Solo-Lesung

Es ist meine erste Lesung, bei der ich Tobaksplitter live präsentieren werde und vor allem ist es meine erste Solo-Lesung überhaupt. Ich bin froh, dass Hamburg Pride die Möglichkeit bietet, kostenlos aufzutreten, und auch die Veranstaltung bewirbt. So ist der Rahmen gegeben und ich kann mich quasi ins gemachte Nest setzen. Dazu kommt, dass dieses Jahr das CSD-Motto „Selbstbestimmung jetzt! Verbündet gegen Trans*feindlichkeit“ zu mir und meinen queeren Texten wie die Faust aufs Auge passt und wenn ich jetzt nicht auf die Bühne gehe, dann nie. Ich muss nur ein Anmeldeformular ausfüllen und dann – ja, eben „nur“.

Ich als Bürohengst habe nichts gegen Formulare, wie ihr wisst, aber bei diesem packt mich das Lampenfieber. Es erinnert mich an die Zeit, als mir beim Einreichen von Wettbewerbsbeiträgen der Angstschweiß ausbrach. Die ersten konnte ich nicht einmal alleine absenden, zu groß war die Angst, zu versagen. Inzwischen habe ich so viele Absagen kassiert, dass ich mich daran gewöhnt habe, dass das eben die Regel ist und nicht die Ausnahme. Die Übung hat dazu geführt, dass mir das nicht mehr schwerer fällt als jede andere Mail auch. Nun hoffe ich, dass es mir mit den Lesungen ähnlich gehen wird.

Denn eigentlich trete ich gerne auf. Eigentlich werde ich gerne gehört. Ich habe nur Angst vor Ablehnung. Bei manchen Texten ist es doch sehr schwer, zwischen dem literarischen Ich und meiner Person zu trennen – vor allem dann, wenn ich weiß, dass es sich um autobiografische Elemente handelt.

Diese Angst vor Ablehnung geht so weit, dass ich mich noch nicht dazu überwinden konnte, mit der Akquise von Lesungsorten fortzufahren.
Ich habe in zwei Fällen Kontakt aufgenommen. Einer wollte sich „nach Dezember“ melden und die andere sagte etwas von „nicht vor Herbst“, aber konkret ist bisher nichts. Je länger ich warte, desto später wird es natürlich. Ich muss wohl forscher auftreten und hartnäckig bleiben. Das widerstrebt mir, weil ich das Gefühl habe, ich muss mich anbieten wie sauer Bier. Und das, obwohl ich ja nicht einmal ein Honorar erwarte. Ich bin ja schon froh, wenn ich nicht noch für die Raummiete etc. aufkommen muss.
Nach meiner Recherche wird Autor:innen übrigens dringend dazu geraten, ein Honorar von 250 Euro zu verlangen, nach Inflation würde ich also 300 Euro für einen Abend haben wollen. Wer gratis auftritt, macht allen anderen die Preise kaputt. Aber mich kennt ja niemand und ich weiß überhaupt nicht, ob überhaupt jemand erscheinen würde. So denken viele.

Was mache ich also, um mich vorzubereiten?

  1. Seelischen Beistand suchen
  2. Recherche, wie andere es machen und worauf zu achten ist
  3. Lesung planen, Programm aufstellen
  4. Vorlesen üben, Texte aufbereiten

Ich bin sehr froh, einen sehr guten Freund zu haben, der mich dabei begleiten wird. Sowohl, was meine Selbstzweifel im Vorfeld angeht, als auch bei der Durchführung. Wir werden, so ist der Plan, einige Texte gemeinsam lesen, d.h. mit verteilten Rollen. Besonders dialoglastige Texte bieten sich dafür an.

Bei meinen Nachforschungen bin ich auf viele Tipps gestoßen, etwa dass man nicht vergessen darf, Pausen einzuplanen. Sehr weitergeholfen hat mir dieser ausführliche Artikel von Annika Bühnemann zum Thema Vorbereitung einer Lesung.

Elke Pistor schreibt darüber, wie wichtig es ist, für jedes Buch ein eigenes Lesungskonzept zu entwickeln: Artikel in der Autorenwelt
Im Fall von Tobaksplitter, da ich bei der Zusammenstellung der Texte keine Rücksicht auf Zielgruppen genommen habe, muss (oder kann) ich verschiedene Konzepte entwickeln, je nachdem, ob ich meinen Schwerpunkt auf queere Texte legen will oder auf mentale Gesundheit.
Um herauszufinden, wie lange eine Geschichte zu lesen dauert, sollte man sie mehrmals lesen und die Zeit mit einer Stoppuhr o.ä. festhalten.

Meine Texte präpariere ich gerne mit farblich unterschiedlichen Markierungen je nach Sprecher. Das lässt sich für verteilte Rollen ebenso nutzen wie wenn man selbst mit unterschiedlichen Stimmen lesen möchte. Ich lese bewusst langsam und achte auf meine Atmung. Die Stellen, an denen ich einatme, markiere ich mir mit Bleistift. Ebenfalls markiere ich Stellen, an denen ich ins Publikum gucken will, weil ich das sonst vergesse. Bei Leerzeilen notiere ich mir eine Pause, auch bei neuen Absätzen ist eine kleinere fällig.
Und ich höre es mir immer wieder an, wie sich meine eigene Stimme beim Lesen anhört. Schließlich bin ich selbst mein schlimmster Kritiker.

Für das, was ich zu den Texten erzählen will, werde ich mir Stichpunkte machen, weil ich zu Blackouts neige, wenn ich nervös bin.

Was für mich auch zur Lesungsvorbereitung gehört, ist der Gedanke an die Selbstfürsorge. Ich muss den Tag der Lesung sowie die Tage davor und danach frei haben.

Euer Ingo S. Anders

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