SGZ 17 SCHIENENERSATZVERKEHR

SGZ 17 SCHIENENERSATZVERKEHR

Schienenersatzverkehr
Es gibt sie noch, diese Menschen, die während einer Fahrt in der S-Bahn in einem gedruckten Buch lesen. Und wie alle ärgern sie sich, wenn Schienenersatzverkehr eingerichtet ist und man auf einer Strecke, die man sonst hätte durchfahren können, plötzlich zweimal umsteigen muss, einen Teil der Strecke dicht gedrängt in Bussen voller anderer Menschen, die sich sonst über mehrere S-Bahn-Waggons verteilt hätten.
Als Großstädter weiß ich das zu schätzen, dass es überhaupt einen Ersatzverkehr gibt und man nicht dazu verdammt ist, ohne jegliche Information einfach zu warten, bis die nächste S-Bahn kommt. Schweren Herzens klappt man dann sein Buch zu und steckt es in die Tasche, um den Ausgang der Schlacht dann später zu verfolgen.
Oder, wenn es ein spannender Thriller ist, legt man schnell den Finger oder das Lesezeichen zwischen die Seiten und liest im Stehen weiter, sobald man am Haltepunkt für die Ersatzbusse angekommen ist. Durch die Bewegung der Menschentraube um einen herum wird man schon aufmerksam, wann der Bus da ist.
Normalerweise fahre ich nicht so gerne mit dem Bus, weil ich stets fürchte, meine Haltestelle zu verpassen. Oder, schlimmer noch, der Bus fährt unerwartet eine andere Strecke. Im Schienenersatzverkehr kann das nicht passieren, wenn man mit der S-Bahn ohnehin hat weiter fahren wollen. Da kann ich getrost sitzen bleiben und mich vom Strom derer mitreißen lassen, die hier wieder in die S-Bahn umsteigen.
Dachte ich.
Einmal passierte es mir, dass sich die Menge immer weiter zerlief und ich mich plötzlich irgendwo allein in einem fremden Stadtteil wiederfand. Die Leute wollten dort nicht weiterfahren, sondern einfach nur nach Hause.
Dumm gelaufen, dass ich einfach den anderen hinterhergelaufen war.

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