SGZ 99 BEWEGEND

SGZ 99 BEWEGEND

Kunstbanane
»Ihre Kunst ist bewegend!«, rief der Kurator aus und applaudierte affektiert.
Es gefiel ihm! Ich hielt den Atem an.
»Eine Banane auf Beinen, wo hat man so etwas schon gesehen?« Er legte eine Hand an die Wange und schien in Gedanken versunken.
Eine Banane?! Ich hatte mitnichten … es war ein geflügeltes Pferd! Erkannte er denn keinen Pegasus? Malte ich wirklich so schlecht?
»Und Sie wollen es uns unentgeltlich zur Verfügung stellen?«
Unentgeltlich? Wer war ich schon, die Hand aufhalten zu können. Ich war ein Niemand. Er wollte es wirklich haben! »Ja, natürlich«, stammelte ich. »Für die Dauer der Ausstellung, versteht sich.« Ich schlug ein.
»Aber selbstverfreilich!« Wieder versank er in die Betrachtung meines Werkes. »So ein schönes Blau …«
Türkis! War der Mann farbenblind? Es war wohl an der Zeit, mal einen Blick auf die anderen hier versammelten Gemälde zu werfen.
Ein Werk namens »Tag und Nacht« bestand aus zwei Leinwänden, die eine gänzlich weiß und die andere komplett schwarz. Vom selben Künstler stammte eine einheitlich grüne Leinwand namens »Frühlingswiese«.
Was für eine Ausstellung sollte das werden? Mit dieser Frage hätte ich mich wohl früher befassen sollen.
Der Kurator klatschte begeistert in die Hände. »Ihre Banane wird das Zentrum der Ausstellung! Wie heißt das Werk?«
»Pegasus.« Nicht sehr einfallsreich, ich weiß.
»Ach, wie sind Sie denn darauf gekommen?«
Ich vermied, ihm jetzt zu erklären, was ich in meinem Bild sah. »So aus dem Bauch raus«, log ich.
»Toll!« Klatschen. »Sie haben Talent. Aus Ihnen wird noch ein ganz Großer.«
Ich glaubte ihm kein Wort. Heute war einer dieser Tage, an denen ich mich schämte, mich überhaupt für diese Ausstellung beworben zu haben und vor der Vernissage graute mir bereits.
»Bewegend, wirklich bewegend.«

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