
Ich hätte mich nicht für Jura entscheiden sollen, nur um meinem Vater zu gefallen. Von Semester zu Semester wurde ich schlechter, obwohl ich immer mehr Fächer ausließ. Blamabel.
Dabei war ich gar nicht mal dumm. Ich hatte ein Motivationsproblem. Irgendetwas hielt mich davon ab, mich mit dem Stoff auseinanderzusetzen. Und zwar war mir mein Glaube ans deutsche Rechtssystem verlustig gegangen.
»Recht haben ist nicht Recht bekommen«, hatte schon mein Vater gesagt.
Es wurden Gesetze gemacht und Urteile gefällt, die ich einfach nicht als richtig empfand. Da wurden Menschen im Stich gelassen, die dringend Hilfe brauchten. Unschuldige wurden bestraft, während andere, die viel größere Schuld auf sich geladen hatten, frei herumlaufen durften. Und wer einmal gesessen hatte, der war unten durch, sobald jemand davon erfuhr. So viel zum Vorhaben der Resozialisierung. So blieb man unter sich und schottete sich ab.
Ich überlegte, zu Wirtschaftsjura zu wechseln. Da stand Mediation im Vordergrund, das Vermitteln zwischen Vertragspartnern. Zwischen Firmen oder zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Aber dafür musste ich dann auch Rechnungswesen und anderes Zeug pauken, wegen des Wirtschaftsteils. Und Zahlen … ich war schon froh, den Taschenrechner zu treffen. Was mir gut lag, war der Umgang mit Menschen. Ich wollte ihnen helfen, so gut ich konnte.
Ich recherchierte im Netz und tauschte mich mit anderen Studierenden aus. Ich las Berichte von Praktikanten, Blogs von Arbeitnehmern.
Drei Wochen später wechselte ich den Studiengang. Hoffentlich passte Soziale Arbeit besser zu mir.
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