Moin zusammen,
ich hatte darüber nachgedacht, ein zweites Blog aufzumachen, wo ich mein MIMIMI bzgl. meiner Malaisen lassen kann. In meiner Vorstellung war das natürlich total richtig aufwändig aufgebaut, statische Seiten mit Blog und ich wollte jede meiner chronischen Erkrankungen einmal kurz vorstellen, spätestens dann, wenn ich sie das erste Mal erwähne …
Nein. Das kann ich nicht tun.
Das ist viel zu anstrengend. Abgesehen von dem Geld, das ein zweiter Blog kostet, wenn er ebenfalls werbefrei sein soll – ich kann keinen zweiten Blog bestreiten. Ich bin ja nicht ohne Grund bei Social Media raus und kann von Glück sagen, wenn es mir gelingen sollte, dann und wann einen Artikel im Schreibmehr zu posten. Dieses Blog will ich auf jeden Fall erhalten.
Ich kann nur nicht versprechen, dass sich der Fokus nicht nach und nach verschiebt. Würde ich einen zweiten Blog aufmachen, würde das vermutlich mehr oder minder sofort passieren. Ich wäre voll dort und würde hier unsichtbar werden.
Aber genau das will ich nicht. Ich will nicht früher als zwingend notwendig unsichtbar werden. (Eigentlich überhaupt nicht.)
Deshalb habe ich mich auf einen Kompromiss geeinigt:
Ich poste hier dann und wann, wenn sich was in Sachen Myalgische Enzephalomyelitis (ME) tut – die anderen Krankheiten sind ja im Grunde langweilig, bekannt und gut behandelbar – die brauchen keine PR.
Diejenigen, die sich dafür nicht interessieren, bitte ich, einfach drumrumzulesen.
Im Gegenzug behalte ich mein MIMIMI für mich, so gut ich kann. ^^
Entfolgen dürft ihr natürlich trotzdem jederzeit, wenn ihr das wollt. *g
Pflegegrad-Begutachtung
Unglaublich anstrengend, bereits im Vorfeld. Schon als der Brief im Kasten war, war ich sofort wieder auf Adrenalin. Ich hab mich über eine Woche hart dazu zwingen müssen, zur Ruhe zu kommen, damit ich überhaupt halbwegs ein Gespräch führen konnte.
Damit ich mich kognitiv nicht übernehme, arbeite ich in Pomodoros von 5 Minuten mit Pausen von 45 Sekunden. Leider gilt das nicht nur fürs Lesen und Schreiben, sondern auch für Gespräche, was ziemlich lästig ist. Die Sprechzeit pro Tag also zusätzlich zu begrenzen, ist notwendig, weil mir sonst die Stimme wegbleibt, weil ich so schnell Muskelkater bekomme.
Ein Hoch auf Text to Speech!
Nur kann selbst beim besten Pacing jederzeit ein emotionaler Trigger daherkommen, beispielsweise in Form eines Briefes, und ich fange bei Null an und liege wieder im Bett. Natürlich erst, wenn das Adrenalin wieder weg ist.
Erscheint dann der hohe Besuch, geht es natürlich wieder los und ich zahle mit mindestens einer schlaflosen Nacht und dem ganzen Rattenschwanz.
Eigentlich wollte ich Hypnosesitzungen in Anspruch nehmen (online), jetzt bin ich nicht mal in der Lage, ein zusammenhängendes Gespräch über mögliche Kontraindikationen zu führen.
Schlimmer finde ich die Schluckbeschwerden.
E-Rolli

Lang ersehnt und doch unerwartet kam just am Tag vor dem Geburtstag meines Ehemenschen der Anruf, dass der Rolli fertig ist und nun ist er endlich da!
Die Taxifahrerei hat endlich ein Ende und das wurde auch höchste Zeit.

Leider hat der Rolli nur eine Standardfederung für Nutzergewichte bis 120kg, obwohl ich im August angegeben hatte, 150kg zu wiegen, aber darum wird meine Assistentin sich kümmern.
Auch um das fehlende Kissen.
Positiv überrascht hat mich dagegen, dass die Stockhalterung für meine Krücken in der Versorgungspauschale inbegriffen ist. Da hätte ich nämlich damit gerechnet, dass ich die in Rechnung gestellt bekomme.
Pflegegrad 4
Ich bin sprachlos. PG 4 und zwar rückwirkend seit Antragstellung im August.
In einem Jahr wird erneut begutachtet.
Jedes Quartal eine Pflegeberatung. Weisen wird die nicht nach, wird das Pflegegeld gekürzt, welches übrigens ohnehin nicht ausreicht, die immensen Kosten zu decken.
Andere mit ME kämpfen so hart. Lange Jahre des medical gaslightings, bis sie endlich verständnisvolle und gut ausgebildete Ärzt:innen finden.
Meine Ärztin kommt einfach so von sich aus mit der Verdachtsdiagnose auf mich zu. Allerdings erst nach der Corona-Pandemie und nachdem sie mich seit fast zehn Jahren behandelt und vermutlich auch nur deshalb, weil meine Psychiaterin einige Jahre meine Hausärztin quasi ersetzen und mich zu Fachärzt:innen schicken musste, weil die damalige Hausärztin mir gesagt hatte, dass es nervt, wenn ich mit mehreren Symptomen in die Akutsprechstunde komme, woraufhin ich mich so gut wie gar nicht mehr in die Praxis gewagt habe. Und dabei hatte ich schon extra mehrere Anliegen gebündelt, weil mich jeder Besuch in der Praxis so anstrengte und irgendwie dachte ich auch, das wäre für sie weniger Arbeit, als wenn ich xmal für jedes Wehwehchen reinkomme. Abrechnen können Ärzte ja eh nur einen Besuch pro Quartal.
Sicher hab ich mehr Diagnosen im Schlepptau als andere ME-Betroffene, was die Diagnostik erschwert, aber auch den Papierkrieg erleichtert.
Durch meine bipolare Störung habe ich nun auch noch zusätzliche Punkte bei der Pflegebegutachtung geholt.
Mit meinen anderen Diagnosen (z. B. Herz-/Kreislaufprobleme, Psoriasisarthritis) hatte ich es auch leicht, Hilfsmittel wie Duschhocker und E-Rollstuhl verordnet zu bekommen. Andere ziehen von Arzt zu Arzt, um überhaupt eine Verordnung für einen Rolli zu bekommen und werden oft nur mit einem Schieberollstuhl abgespiesen. Wenn, was ja auf dem Land schwierig ist, überhaupt mehrere Praxen erreichbar sind.
Wenn überhaupt noch Praxen erreichbar sind, denn Hausgebundenheit kann bei ME vom einen auf den anderen Tag plötzlich eintreten.
Ich schäme mich regelrecht für dieses unverschämte „Glück“, es im Falle meiner Versorgung so einfach und so gut zu haben. Auch finanziell, was wirklich ein wesentlicher Punkt ist, denn damit bin ich nicht so arg abhängig von der Pflegekasse.
Ich hatte die Möglichkeit, nachdem der erste Antrag nach der Begutachtung am Telefon postwendend abgelehnt wurde, gleich nach meinem zweiten Crash eine Assistentin einzustellen, die mir den Papierkram abgenommen hat und mich zusammen mit meiner besseren Hälfte hier versorgt, so gut es eben geht, wenn man nur zu zweit ist. Die 24h-Betreuung, die eigentlich nötig wäre, wenn ich im Crash bin, kann so allerdings nicht gewährleistet werden, was zur Verlängerung des Crashs beiträgt und das Risiko der Verstetigung von Einschränkungen erhöht.
Noch eine gute Nachricht:
Mittlerweile gibt es Gutachtende beim MD, die ME/CFS-Schulungen hatten.
Die schlechte Nachricht:
Ich bin jetzt nicht nur seelisch behindert und mit Mobilitätseinschränkung körperbehindert, sondern auch durch das Problem mit der Stimme bei der sozialen Interaktion einschränkt, wenn ich nicht ohnehin dazu gezwungen bin, mich sozial zu isolieren und im Bett rumzuliegen.
Dazu kommt, dass ich nicht in der Lage bin, die Gebärdensprache zu erlernen, weil es a) viel zu anstrengend ist und b) ich mir aufgrund meiner geistigen Behinderung* kognitiven Einschränkungen nix mehr merken kann.
(edit: Wiki sagt, wenn geistige Fähigkeiten mal vorhanden waren und erst durch Krankheit eingeschränkt werden, nennt sich das Demenz.)
Das wiederum Gute daran ist, dass es beim Neufeststellungsantrag volle Punktzahl geben und den von mir angestrebten Merkzeichen und damit Nachteilsausgleichen somit nichts im Weg stehen dürfte.
Jetzt kann ich nur hoffen, dass ich bald runterkomme vom Adrenalintrip, damit ich endlich zur Ruhe komme.
Euer Ingo S. Anders

https://me-cfs.net/
https://www.mecfs.de/
https://sgme.ch/
https://www.fatigatio.de/
https://www.millionsmissing.de/#gsc.tab=0